Langsam, langsam wird es Zeit, sich vom Sommer zu erabschieden. Und das ist durchaus doppeldeutig gemeint.
Draußen neigt sich der jahreszeitliche Sommer in seine Schwere hinein, wir dürfen die Fülle der Natur abernten, so wie sie eben ist von Jahr zu Jahr, mal mehr, mal weniger, und unsere Vorratskammern füllen in Dankbarkeit.
Der große Westdurchgang
Und auch draußen, im "anderen" Draußen, neigt sich der Sommer unserer Gesellschaft in einen Herbst hinein, den wir gesellschaftlich seit Jahrzehnten verweigern.
Das Grundaxiom des Kapitalismus ist ewiges Wachstum - alleine das schon ein Hinweis auf die Entfremdung unserer Lebensweise von den Gesetzen der Natur.
Es gibt kein ewiges Wachstum,
es gibt keine endlosen Vorräte, es gibt keine sichere Fülle, es gibt kein Entrinnen vor Veränderung, und schon gar nicht vor dem Rad des Lebens, dieser uralten Kraft, die die Grundlagen des Lebens auf der Erde bestimmt. Rad des Lebens, Rad des Schicksals, wie auch immer man es nennt. Und nach den Auswüchsen dieses fast kindischen Festhaltens am ewigen Sommer, der ewigen Blüte, der ewigen Jugend, von Anti-Aging bis zum Jugendkult, dreht sich das Rad gnadenlos in einen neuen Herbst hinein, in Schrumpfen, Vergehen, Enden, an diesen Punkt der gnadenlosen Initiation durch das Hineinschauen in das Dunkel, die Angst, das Verdrängte, die Vetränderung. Wer wollte nicht den schönen Traum glauben vom ewigen äußeren Paradies?
Herbst ist Initiation
Wir brauchen aber keine Angst zu haben. Das Leben geht weiter, und so wie nach dem Herbst der Winter kommt, kommt nach dem Winter ein neuer Frühling. So war es immer, so wird es immer sein. Der Herbst aber, in seiner Botschaft vom Vergehen der Fülle ("Oh, könnt´doch immer Sommer sein...!"), ist ein wichtiger Wachstums- und Initiationsplatz, ein Zeitpunkt des Besinnens und nach Innen schauens, eine Zeit, wo Wachstum im Menschen stattfindet in Form von Reifung. Was gilt uns die Reife, die Erfahrung, das Vorausschauende, das Besonnene, das Stillere? Was tritt an die Stelle von äußerem Wachstum, von körperlicher Kraft, von Feiern und Erobern und Kreieren, das dem Sommer und der vermeintlich ewigen Jugend innewohnt?
Bist du bereit für den Herbst?
Stärke dich, nähre dich, besinne dich, bereite dich vor.
Wir brauchen keine Angst zu haben - auch wenn das Unbekannte vor uns liegt.
In Wahrheit war es schon immer so.
Mit noch sommerlichen Grüßen :-)
Gerhard WalkingMirror